Früher stand der Archivar vor einem Regal voller Akten, nahm Akte für Akte in die Hand und entschied durch Augenschein über deren bleibenden Wert (Aktenautopsie) oder er analysierte eine von einer Behörde erstellte Liste der nicht mehr benötigten Unterlagen (Aussonderungsverzeichnis). In beiden Verfahren wurden einzelne, vorhandene Unterlagen bewertet, die nicht mehr benötigt wurden, das heisst, ihren Zweck erfüllt hatten. In manchen Fällen sind diese zeitaufwändigen Verfahren auch heute noch nötig.
Um die Bewertung effizienter gestalten zu können, werden heutzutage schon vor dem Entstehen von Unterlagen Aufgaben und Kompetenzen einzelner Behördensparten von Archivaren analysiert und archivisch bewertet. Hierfür haben die baden-württembergischen Staatsarchivare seit der Mitte der 1990er Jahren die sogenannte horizontale und vertikale Bewertung entwickelt. Damit wird vor dem Entstehungsprozess von Akten über deren Archivwürdigkeit entschieden. Das bedeutet auch für die beteiligte Behörde bei der Aktenaussonderung eine große Zeitersparnis.
Es gibt einen auffälligen Unterschied zum früheren Bewertungsverfahren: Bei den traditionellen Bewertungsverfahren werden abgeschlossene Unterlagen in den Altregistraturen bewertet. Nun interessiert uns auch das laufende Dienstgeschäft. Die Unterlagen werden zum Zeitpunkt ihres Entstehens analysiert und bewertet.