Pilotprojekt zur „Transformation der Wiedergutmachung"

Wiedergutmachungsakte Staatsarchiv Ludwigsburg
Einzelfallakte des Landesamtes für die Wiedergutmachung Baden-Württemberg, Vorlage: StAL EL 350 I Bü 27109

Am 1. Juni 2020 ist das vom Bundesministerium für Finanzen (BMF) geförderte Pilotprojekt zur „Transformation der Wiedergutmachung“ im Staatsarchiv Ludwigsburg mit einer Laufzeit von 36 Monaten gestartet.

Das BMF hat sich zum Ziel gesetzt, die Geschichte der Wiedergutmachung in Deutschland als wesentlichen Aspekt der deutschen Nachkriegs- und Demokratiegeschichte sichtbar, erforschbar und begreifbar zu machen. Über ein Themenportal zur „Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts“ innerhalb des Archivportals-D soll zukünftig ein einheitlicher und digitaler Zugang zu allen Akten der Wiedergutmachung geschaffen werden, angereichert mit historischen Hintergrundinformationen, der Vorstellung von Forschungsprojekten und Materialien für politische Bildungsarbeit. Als wichtige Vorbilder gelten die digitalen Angebote von Yad Vashem in Israel und dem United States Holocaust Memorial Museum.

Das Pilotprojekt des Landesarchivs Baden-Württemberg bildet den Auftakt für diese Unternehmung. Andere Archive auf Bundes- und Landesebene werden sich mit eigenen Vorhaben sukzessive anschließen. Mit der Unterzeichnung einer gemeinsamen Rahmenvereinbarung am 1. Juni 2022 auf dem Bonner Petersberg ist der Startschuss für das Gesamtvorhaben gefallen. Als Partner und Mitgestalter des Themenportals war auch das Landesarchiv Baden-Württemberg vertreten.

Das Pilotprojekt untergliedert sich in drei Teile

Das erste Teilprojekt sieht die fachgerechte Erschließung des Sachaktenbestands StAL EL 350 II aus der Provenienz des bis 1992 bestehenden Landesamts für Wiedergutmachung in Stuttgart vor. Die Erschließungsarbeiten wurden im Oktober 2021 erfolgreich abgeschlossen und das Online-Findbuch veröffentlicht. Daneben werden Einzelfallakten zu Entschädigungsverfahren im Rahmen von Testerschließungen in verschiedenen Erschließungstiefen verzeichnet, um Arbeitsaufwände zu ermitteln und der archivübergreifenden Diskussion über die Erschließung der Wiedergutmachungsüberlieferung Erfahrungswerte an die Hand zu geben.

Im zweiten Teilprojekt wurden insgesamt 80 lfd. Meter Papierakten sowie ca. 150 Mikrofilmrollen zu individuellen Entschädigungsverfahren der Landesämter für Wiedergutmachung in Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen vollständig digitalisiert und somit für die Nutzung in den Archivabteilungen leichter zugänglich gemacht. Mit Hilfe dieser Digitalisate werden in Kooperation mit dem Projektpartner Projektpartner FIZ Karlsruhe (Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur) automatische Verfahren der Text- und Mustererkennung (Machine-Learning-Verfahren) experimentell erprobt, um das Potential einer KI-gestützten Anreicherung von Erschließungs- und Normdaten sowie anderer zukunftsorientierter Anwendungsmöglichkeiten auszuloten.

In einem dritten Projektteil sollen im Austausch mit Fachkreisen Auswertungs- und Nutzungsszenarien der Wiedergutmachungsunterlagen eruiert werden. Einbezogen werden hier auch Erfahrungen einschlägiger Kulturinstitutionen wie den Arolsen Archives und Yad Vashem. Um die Nutzung der Wiedergutmachungsüberlieferung zu erleichtern, wird u. a. ein Online-Rechercheratgeber mit einer zweisprachigen Aktenbeschreibung und Nutzungshinweisen erarbeitet. Entwickelt werden außerdem projektbezogene und dauerhafte Angebote der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, z. B. ein Webinar zur Nutzung von Wiedergutmachungsunterlagen und das Podcastprojekt „Sprechende Akten“. Einige Ergebnisse sollen im Rahmen einer Themenwoche Wiedergutmachung im Herbst 2022 vorgestellt werden.

Kontakt:
wiedergutmachung@la-bw.de