"Ich sage Ihnen offen, ich bin stolz darauf, jüdischer Abstammung zu sein, und ich schäme mich dessen gar nicht. Es hat sich kein Jude seiner Abstammung zu schämen, und ich habe vor den Juden, die etwa aus öffentlichen Rücksichten den Glauben wechseln, keinen Respekt." Als Ludwig Marum diese Sätze im badischen Landtag äußerte, war er schon längst kein Mitglied der israelitischen Gemeinde mehr.
Ludwig Marum war von Hause aus sehr jüdisch geprägt. Trotz seiner Abstammung boten sich ihm in Baden Ende des 19. Jahrhunderts verstärkt Chancen des sozialen Aufstiegs durch den Erwerb von Bildung.
Weltliche Tendenzen drangen schon frühzeitig in Marums Leben, wodurch die Vernachlässigung religiöser Pflichten und eine zunehmende Enfremdung von Glaubensinhalten gefördert wurde. Dieser eher oberflächliche Bezug zur Religion verhinderte, dass bei Ludwig Marum eine tiefe Gläubigkeit entstand und er deshalb nur die wichtigsten jüdischen Feiertage zelebrierte.
Marums persönlicher Prozess der Identitätsbildung führte schließlich zur Abkehr vom orthodoxen Judentum und der jüdischen Gemeinde. Dessen ungeachtet hatte er das tiefe Bedürfnis nach Religion. So wandte er sich nun einer Religionsgemeinschaft zu, die sich - nach ihrem Selbstverständnis - als die fortschrittlichste und aufgeschlossenste ihrer Zeit begriff. Er trat der freireligiösen Gemeinde Karlsruhe bei.
Unabhängig davon ist er dem Antisemitismus als Form der Intoleranz immer entschieden entgegengetreten, nicht zuletzt weil er sich während seiner Jugendzeit immer wieder mit judenfeindlichen Provokationen hatte auseinandersetzen müssen.
Die Familie Marum konnte auf eine lange Tradition des Engagements für Demokratie und Menschenrechte blicken; sie fühlte aufgrund ihrer politischen Tätigkeit eine enge Verbundenheit mit Deutschland und identifizierte mit ihrem Heimatland. Auch Ludwig Marum übernahm dieses deutsche Selbstverständnis und identifizierte sich mit der deutschen Nation. Er empfand sich nicht als religiöser Jude, sondern als Deutscher jüdischer Abstammung. |