Ludwig Marum, Reichstagshandbuch 1930
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1928 verließ Marum die badische politische Bühne und zog als Abgeordneter in den Reichstag - für ihn persönlich ein großer Erfolg. In den Jahren bis 1933 erlebte er den Höhepunkt seiner Karriere, die Anerkennung seines gemäßigten Kurses.
Marum selbst wurde 1929 in der sogenannten Batschari-Reemtsma-Affäre zur Zielscheibe judenfeindlicher Angriffe. Marum wurde zum einen Steuerhinterziehung vorgeworfen zum anderen, dass er seine politischen Beziehungen zur persönlichen Bereicherung genutzt habe. Mehrere Parteien (Zentrum, NSDAP, KPD) beteiligten sich an der Hetze auf ihn und griffen dabei auf das Stereotyp des geldgierigen, korrupten Juden zurück, der den Eigennutz vor das Gemeinwohl stellt: "Die Tatsache bleibt bestehen, dass es ein sozialdemokratischer Reichstagsabgeordneter mit seiner Abgeordnetenwürde, die doch sonst hier immer so gerühmt wird, in Einklang bringen konnte, gleichzeitig als Rechtsanwalt in einer Affäre zwischen dem Reich und einer Firma tätig zu sein." (Abgeordneter Ende, KPD).
Als Vorsitzender des Strafrechtsausschuss im Reichstag war Ludwig Marum ständig den verbalen Angriffen der Nationalsozialisten ausgesetzt. Diese erklärten, sie hätten kein Vertrauen zur deutschen Justiz, weil marxistische Juden im Strafrechtsausschuss mitarbeiteten. Als Marum In der Reichstagssitzung vom 9.12.1932, die Klassenjustiz des Reichsgerichtshofs anprangerte, musste er sich den Zwischenruf der Nationalsozialisten "Wandern Sie doch aus!" anhören. Als Sozialdemokrat und Jude war er den Nationalsozialisten doppelt verhasst, nicht zuletzt weil er ganz entschieden die Republik von Weimar bejahte, die für ihn - wie er mehrfach betonte - die "neue Zeit" bedeutete.
Als 1932 Reichspräsident Hindenburg die Regierung des Zentrumsmanns Brüning fallen ließ, erlebte die Republik mehrfach Wahlkämpfe. In Baden gehörte Marum zu den eifrigsten Wahlkämpfern. Kurz vor der Wahl am 5. März 1933 hielt er in Freiburg eine berühmt gewordene Rede, in der er das Regierungsprogramm der Hitlerpartei scharf angriff.
Sein Freund, der elsässische Dichter René Schickele, hat das, was Marum auszeichnete und ihn gleichzeitig angreifbar machte, kurz charakterisiert: "Er war kein Kommunist. Er war kein Fanatiker. Er hatte eine stille, feste, gar nicht rechthaberische Überzeugung. Aber er war Jude (...)." |