Digitalisierung und Entwicklung neuer Nutzungsmöglichkeiten von archivalischen Fotobeständen
Teil des Produktivpiloten "Digitalisierung von archivalischen Quellen"
Gefördert durch die DFG
Projektlaufzeit: 1.6.2013-31.8.2015
Überblick
Im Zuge der sogenannten "Digitalen Revolution" haben sich die Anforderungen und Ansprüche an die Archive nachhaltig verändert. Viele Nutzergruppen erwarten, dass neben Findmitteln zunehmend auch Quellen im Internet zur Verfügung stehen. Das Landesarchiv Baden-Württemberg digitalisiert bereits wichtige Bestände und ermöglicht den Nutzern über seine Online-Informationssysteme einen komfortablen, von Zeit und Ort unabhängigen Zugang zu zahlreichen Archivalien (vgl. Digitalisierungsstrategie des Landesarchivs). Allerdings fehlten bislang standardisierte Verfahren für die massenhafte Digitalisierung der verschiedenen Arten analogen Archivguts. Um die geeigneten Bestände mittel- und langfristig auf breiter Front digitalisieren zu können, beteiligte sich das Landesarchiv an einem Pilotprojekt, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen ihres Programms "Erschließung und Digitalisierung handschriftlicher und gedruckter Überlieferung" gefördert wurde.
In der zweijährigen Pilotphase wurden von insgesamt sieben archivischen Institutionen Priorisierungsmerkmale und standardisierte Verfahren für die massenhafte Digitalisierung und Online-Stellung von Archivgut entwickelt und erprobt. Ziel des Projektes war es, Kriterien für eine effiziente, wirtschaftliche sowie konservatorisch verträgliche Digitalisierung verschiedener Quellengattungen aufzustellen. Zugleich waren archivfachliche und technische Fragen zur Speicherung und Präsentation der Digitalisate zu klären. Die Ergebnisse des Produktivpiloten sollten schließlich eine langfristige, breit angelegte Digitalisierungskampagne der deutschen Archive anstoßen.
Nach dem Projekt: DFG-Ausschreibung zur "Digitalisierung archivalischer Quellen"
Auf der Grundlage der Projektergebnisse veröffentlichte die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Dezember 2016 eine Ausschreibung zur "Digitalisierung archivalischer Quellen". Ziel ist es, eine deutliche Verbesserung der Zugänglichkeit zu archivalischen Quellen für die Forschung durch Digitalisierung und zentrale Zusammenführung im Archivportal-D und der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) zu erreichen.
Beitrag des Landesarchivs Baden-Württemberg
Das Landesarchiv Baden-Württemberg befasste sich in seinem Teilprojekt mit der Digitalisierung von Fotobeständen – einer Archivalienart, die immer stärker nachgefragt wird. Obwohl die historische Forschung sich seit einigen Jahrzehnten vertieft mit Bildquellen befasst, nehmen die Nutzer die umfangreichen Bildbestände in deutschen Archiven bisher nur eingeschränkt wahr und greifen immer wieder auf dieselben bekannten Motive zurück. Dies liegt unter anderem daran, dass die üblicherweise textgebundenen Erschließungsinformationen in den Findmitteln den vielfältigen Auswertungsmöglichkeiten von Fotos nicht gerecht werden. Um die Forderungen nach einer gezielten Auffindbarkeit der Quellen zu erfüllen, müssen die Bilder allerdings digitalisiert vorliegen. Dies ist bisher noch nicht in ausreichendem Maße der Fall.
Am Beispiel von zehn charakteristischen Beständen aus allen Archivabteilungen hat das Landesarchiv Baden-Württemberg während des Projekts effiziente Arbeitsabläufe für die groß angelegte Digitalisierung und Bereitstellung von Fotografien erarbeitet. Die besonderen Anforderungen, die sich unter anderem aus der unterschiedlichen Materialbeschaffenheit und den verschiedenen Formaten der Originale ergeben, wurden dabei berücksichtigt. So mussten beispielsweise für Glasplatten- und Filmnegative, Dias, Großnegative auf Rollfilmen und Papierabzüge jeweils im Detail unterschiedliche Schritte im Workflow beachtet werden.
Darüber hinaus erprobte das Landesarchiv Web 2.0-Werkzeuge zur Einbindung externer Nutzer bei der näheren Beschreibung von digitalisierten Archivalien. Um dieses sogenannte "Crowdsourcing" gewinnbringend nutzen zu können, wurden geeignete Archivbestände ermittelt und Methoden sowie Plattformen zur Beteiligung kompetenter Nutzergruppen miteinander verglichen. Die Ergebnisse wurden in einem Konzept zusammengefasst. Darauf aufbauend wurde ein Crowdsourcing-Projekt zur Indizierung baden-württembergischer Kriegsgräberlisten aus dem Staatsarchiv Ludwigsburg in der Praxis erprobt und umgesetzt (Die Toten der Weltkriege – Crowdsourcing-Projekt erfolgreich abgeschlossen).
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind darauf angewiesen, dass die von ihnen zitierten Quellen von anderen aufgefunden, eingesehen und überprüft werden können. Damit das digitalisierte Archivgut trotz der relativ häufigen Änderung gängiger Internet-Adressen (URLs) dauerhaft aufrufbar ist, müssen die digitalen Objekte an unveränderliche, weltweit eindeutige Internet-Adressen gekoppelt werden. Das Landesarchiv entwickelte in einem dritten Arbeitspaket eine Strategie zur Verwendung dieser sogenannten "Persistent Identifier".
Zur Gewährleistung zeit- und ortsunabhängiger Forschung müssen bei der Online-Präsentation von digitalisiertem Archivgut des 20. und 21. Jahrhunderts personen-, datenschutz- und urheberrechtliche Schutzfristen geklärt sein. In einem Arbeitspaket wurden Möglichkeiten der Online-Vorlage von Archivgut innerhalb eines geschützten Einsichtsbereiches erarbeitet.
Teilprojekte der Partner
Neben dem Landesarchiv Baden-Württemberg waren folgende archivischen Einrichtungen am Pilotprojekt beteiligt:
Projektteilnehmer | Zuständigkeit innerhalb des Gesamtprojekts |
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Landesarchiv Nordrhein-Westfalen | Digitalisierung von Karten, Plänen und korrespondierenden Akten, 16.-20. Jh. Ermittlung der Anforderungen an Metadaten, Digitalisate und Präsentationswerkzeuge |
Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns | Digitalisierung spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Urkunden (11.; 13.-18. Jh.) Erarbeitung von Modellen für die Strukturierung von Digitalisaten; Erarbeitung bestandserhalterischer Grundsätze |
Sächsisches Staatsarchiv | Digitalisierung von Mikroformen, Mittelalter bis 20. Jh. Entwicklung von Anforderungen an ein Masterrepro |
Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) – Archivamt für Westfalen | Amtsbücher und serielle Quellen, 1. Hälfte 20. Jahrhundert Entwicklung dezentraler Speicherkonzepte; Ermittlung von Rahmenbedingungen und Workflows für die gemeinsame Abwicklung von Digitalisierungsmaßnahmen verschiedener Archive (Gruppendigitalisierung) |
Stadtarchiv Mannheim – Institut für Stadtgeschichte | Digitalisierung von Sach- und Serienakten (Massenakten), 20. Jh. Ermittlung der Voraussetzungen und Kosten für den Betrieb eines Digitalisierungszentrums |
Archivschule Marburg - Hochschule für Archivwissenschaft | Koordination der übergreifenden Aufgaben und Zusammenführung der Ergebnisse; Durchführung von Tagungen und Workshops Erarbeitung inhaltlicher Auswahl- und Priorisierungskriterien |
Projektergebnisse
Der Produktivpilot steht in engem Zusammenhang mit dem ebenfalls von der DFG geförderten Aufbau eines Archivportals-D. Alle im Rahmen des Projektes erzeugten Digitalisate werden im Archivportal-D und der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) sowie darüber hinaus ggf. in weiteren übergreifenden Portalen zur freien Benutzung zugänglich gemacht werden.
Die Abschlussberichte und weitere Materialien zum DFG-Pilotprojekts stehen allen Interessierten auf der Webseite der Archivschule Marburg zur Verfügung.
Sie sollen zugleich eine Hilfestellung für die Antragstellung im Rahmen der Ausschreibung "Digitalisierung archivalischer Quellen" bieten.
Weitere Informationen
Stand: Januar 2017