Nachweise für ehemalige Zwangsarbeiter

P-Abzeichen für polnische Fremdarbeiter nach dem Erlass des Reichsinnenministers vom 8. März 1940 (Reichsgesetzblatt 1940 , Bd. I)

Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft"

Mit großer Mehrheit hat der Deutsche Bundestag am 6. Juli 2000 das Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (BGBl. I S.1263) verabschiedet. Es trat am 12. August 2000 in Kraft. Zweck der Stiftung ist es, über Partnerorganisationen Finanzmittel zur Gewährung von Leistungen an ehemalige Zwangsarbeiter und von anderem Unrecht aus der Zeit des Nationalsozialismus Betroffene bereitzustellen. Die Betroffenen in Polen haben acht Monate, alle anderen zwölf Monate Zeit, Anträge auf Leistungen der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" bei der jeweils zuständigen Partnerorganisation zu stellen. In den kommenden Monaten werden voraussichtlich über eine Million Überlebende der NS-Zwangsarbeit Leistungen der Stiftung förmlich beantragen. Die hierfür erforderlichen Nachweise können auch zu einem späteren Zeitpunkt nachgereicht werden.

Die Rolle der Archive

Eine wichtige Rolle bei der Beschaffung der Nachweise nehmen die Archive ein. Denn ohne die in den Archiven verwahrten Unterlagen könnten die meisten ehemaligen Zwangsarbeiter den Nachweis über ihre erzwungene Tätigkeit im nationalsozialistischen Deutschland nicht erbringen. In Staats-, Stadt- Kreis- oder sonstigen Archiven lagern Unterlagen unterschiedlichster Herkunft, die Auskunft über einzelne Zwangsarbeiter geben. Die Archive sind daher mit steigender Tendenz durch die bei ihnen eingehenden Anfragen ehemaliger Zwangsarbeiter wegen Nachweises ihrer Beschäftigungszeiten stark in Anspruch genommen. Die Archive sind sich der hohen politischen und moralischen Verantwortung, die mit der Entschädigung von Zwangsarbeitern verbunden ist, bewusst und stellen sich dieser Verpflichtung mit großem Einsatz und unter Zurückstellung anderer Aufgaben.

Die Recherche in den Archiven kann auf zwei Wegen in Gang kommen. Zum einen schicken die Partnerorganisationen Sammelanfragen an den Internationalen Suchdienst. Fällt die Recherche dort negativ aus, müssen Anschlussrecherchen in den Archiven erfolgen. Dazu müssen die Anfragen nach Bundesländern sortiert und an regionale Koordinierungsstellen in den Ländern versandt werden. In Baden-Württemberg hat das Hauptstaatsarchiv Stuttgart diese Koordinierungsfunktion übernommen. Dort werden die vom ISD abgegebenen Anfragen in Form eines Datenblattes aufbereitet und nach einem festgelegten Ablaufplan zur weiteren Bearbeitung an die Archive weitergeleitet; in die Verteilung sind an erster Stelle die Kommunalarchive bzw. Gemeindeverwaltungen einzubeziehen, des weiteren die Direktionen der AOK, die Staatsarchive sowie weitere Archive wie Firmen- und Wirtschaftsarchive. Werden in diesen Archiven Nachweise gefunden, sollen entsprechende Mitteilungen direkt an die Partnerorganisationen gerichtet werden.

Neben diesem Ablauf über die Partnerorganisationen bzw. den ISD gehen weiterhin auch individuelle Anfragen von den Betroffenen bei den Archiven ein. Diese Anfragen werden - bei örtlich gegebener Zuständigkeit - wie bisher in den Archiven bearbeitet, ebenfalls nach einem standardisierten Ablaufschema. Kann kein positives Ergebnis erbracht werden, erfolgt die Weitergabe an den ISD.

Erschließung der Archivalien mit Nachweisen über Zwangsarbeiter

Für die Betroffenen ist es wichtig, dass die verstreut vorhandenen Dokumente auf deutscher Seite für sie nutzbar gemacht werden und mit dem Antrag bzw. der Anfrage eine zügige und zuverlässige Recherche nach Beweisunterlagen in Gang kommt. Die Staatsarchive haben in den letzten Monaten zeit- und personalintensive Maßnahmen getroffen, um auf die erwartete Antragswelle vorbereitet zu sein und die Recherchen zu optimieren und zu beschleunigen. Überwiegend mit Hilfe von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen werden die in den Archiven verwahrten Unterlagen, die Nachweise über Zwangsarbeiter enthalten, erschlossen und aufbereitet. Im Generallandesarchiv und im Staatsarchiv Freiburg werden sämtliche in den dortigen Unterlagen nachzuweisende Zwangsarbeiter in einer Datenbank erfasst. Das Staatsarchiv Sigmaringen erschließt die Unterlagen in einem sachthematischen Inventar, das online verfügbar ist und laufend aktualisiert wird.