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Thema | ||
Die so genannte Judendokumentation im Hauptstaatsarchiv Stuttgart | ||
Durch einen Beschluss des Landtags von Baden-Württemberg wurde 1962 eine Dokumentationsstelle mit der Aufgabe ein-gerichtet, die Schicksale der jüdischen Bürger von Baden, Württemberg und Hohenzollern während der nationalso-zia-li-stischen Verfolgungszeit aufzuklären. Der damalige Minister-präsident Kurt Georg Kiesinger übertrug diese Aufgabe der Staatlichen Archivverwaltung, die seinerzeit von der Archiv-direktion Stuttgart geleitet wurde.
Im Rahmen des Projektes wurde eine Fülle an Dokumenten in ganz Baden-Württemberg bei den verschiedensten Stellen ermittelt und ausgewertet, namentlich: - Einwohnermelderegister, Ausweisungs- und Deportationsverzeichnisse der Städte und Gemeinden - Akten der Wiedergutmachungsämter Freiburg, Karlsruhe, Stuttgart und Tübingen - Akten der Finanzämter über Judenvermögensabgaben, Reichsfluchtsteuer, jüdische Gewerbebetriebe, über die Verpachtung und Veräußerung des zugunsten des Reiches eingezogenen Besitzes und Vermögens von Deportierten - Akten der Landratsämter über die Überwachung von Nichtariern und Maßnahmen gegen diese angeblichen Reichsfeinde. Auch Zeitungen und Druckschriften aus der Zeit von 1933 bis 1945 wurden herangezogen. Und vor allem konnten Überlebende der Verfolgung, Bekannte, Freunde und Verwandte von umgekommenen oder verstorbenen jüdischen Bürgern viele Informationen über Einzelschicksale geben. Ihnen ist nicht zuletzt die Überlassung bemerkenswerter Bildmaterialien zu verdanken. Im Ergebnis konnten über 35.000 Einzelschicksale nachgezeichnet und dokumentiert werden. Die Dokumentationsstelle wurde 1968 aufgelöst. Die Ergebnisse ihrer Arbeit sind in sechs Publikationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Sie umfassen - zwei Bände mit Dokumenten, - zwei Bände, in denen die Geschichte aller im 19. und 20. Jahrhundert bestehenden israelitischen Gemeinden in Baden, Württemberg und Hohenzollern geschildert ist, - einen Band mit einer zusammenfassenden Darstellung der Schicksale jüdischer Bürger im heutigen Baden-Württemberg während der nationalsozialistischen Verfolgungszeit, - ein Gedenkbuch, in dem die Namen und Schicksale von über 8500 Opfern festgehalten sind. Die umfangreichen Unterlagen der Dokumentationsstelle werden im Bestand EA 99/001 des Hauptstaatsarchivs Stuttgart dauerhaft verwahrt. |
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Literatur-Tipps: Paul Sauer, Dokumentation über verfolgte Minderheiten im Dritten Reich. In: Der Archivar 45 (1992) S. 47-51. Die erwähnten sechs Bände wurden von der Archivdirektion Stuttgart herausgegeben und von Paul Sauer, Franz Hundsnurscher und Gerhard Taddey bearbeitet. Sie sind im Kohlhammer-Verlag erschienen. |
Exponate zum Thema |
Foto über die Verbrennung von Gegenständen aus der Synagoge Mosbach |