Rückgabe eines im Nationalsozialismus gestohlenen Dokuments an das Stadtarchiv Prag
Am 27. Januar hat das Stadtarchiv Prag bei einer feierlichen Veranstaltung in der Residenz des Prager Oberbürgermeisters drei während der nationalsozialistischen Besatzung gestohlene Archivdokumente zurückerhalten.
Vom Landesarchiv zurückgegeben wurde ein mehr als 80 Jahre im Generallandesarchiv Karlsruhe aufbewahrter Schutzbrief des kaiserlichen Generals Johann von Aldringen für den Ort Oberbaldingen aus dem November 1633. Er trägt Stempel des Museums und des Archivs der Hauptstadt Prag und ist 1943 unrechtmäßig nach Karlsruhe gelangt.
Während der nationalsozialistischen Besetzung der Tschechoslowakei fanden bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs Zwangsmaßnahmen zur Reorganisation des dortigen Archivwesens statt. Dies geschah über die Köpfe der tschechischen Archivare hinweg und mit dem Ziel, angeblich ins Deutsche Reich gehörendes Archivgut dorthin zu bringen. Über die Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns wurden 12 dem Stadtarchiv Prag gestohlene Dokumente an mehrere Archive weiterverteilt, darunter das Generallandesarchiv Karlsruhe. Dort wurde das nun restituierte Dokument dem Bestand GLAK 229, „Spezialakten der kleineren Ämter und Orte“ beigefügt und die spärliche Dokumentation des Vorgangs zu den Akten gegeben.
Rund 75 Jahre blieb die Angelegenheit vergessen. Erst bei dem im Generallandesarchiv durchgeführten Teilprojekt zur Provenienzforschung kam das Begleitschreiben aus München vom März 1943 wieder ans Licht. Die umgehend eingeleitete intensive Suche nach dem Dokument blieb jedoch zunächst erfolglos. Auch weil in der Akte die Information fehlte, welchem Bestand der Schutzbrief beigefügt worden war und somit nach der Nadel im Heuhaufen gesucht werden musste. Erst 2022 bei der Digitalisierung des Bestands GLAK 229 fielen der Bearbeiterin die Stempel von Archiv und Museum der Stadt Prag auf, so dass der Schutzbrief nun endlich an seinen rechtmäßigen Ort im Stadtarchiv Prag zurückgebracht werden konnte.
Neben dem Landesarchiv Baden-Württemberg haben die Generaldirektion der staatlichen Archive Bayerns sowie das Fuggerarchiv Augsburg je ein Dokument aus dem zeitlichen Umfeld des Dreißigjährigen Krieges an die Prager Kolleginnen und Kollegen übergeben. Bei dem Festakt in Anwesenheit des Oberbürgermeisters der Stadt Prag und des deutschen Botschafters in der Tschechischen Republik wurde von den Rednern betont, dass die Rückgabe der gestohlenen Dokumente nicht nur staatliches Unrecht korrigiert, sondern auch einen Beitrag zur weiteren Völkerverständigung und zur Verbesserung der deutsch-tschechischen Beziehungen leistet. Das Digitalisat des vom Landesarchiv zurückgegebenen Dokuments steht auch weiter im Onlineangebot des Landesarchivs zur Verfügung.