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24.10.2023

Medien und Wissenschaft Hand in Hand gegen Rechtsextremismus

Foto (farbig) der Podiumsdiskussion bei der Tagung 'Medien und Rechtsextremismus'. Die fünf Teilnehmenden sitzen nebeneinander auf Stühlen; von links nach rechts Georg Restle, Ann-Katrin Müller, Holger Stark, Susanne Stiefel und Caroline Walter. Georg Restle hat ein Mikrofon in der Hand.
Podiumsgespräch mit Georg Restle (Redaktionsleiter MONITOR, ARD), Ann-Katrin Müller (DER SPIEGEL), Holger Stark (stellv. Chefredakteur DIE ZEIT), Susanne Stiefel (ehemalige Chefredakteurin KONTEXT: Wochenzeitung) und Caroline Walter (Moderatorin)

Prominent besetzte Tagung der Dokumentationsstelle Rechtsextremismus (DokRex)

Autoritäre und extrem rechte Parteien sind in Europa auf dem Vormarsch. Rechtspopulisten und Rechtsextremisten versuchen verstärkt, in unserer Gesellschaft eine "Gegenöffentlichkeit" durch eigene Medien zu etablieren. Sie transferieren rechtsextreme Inhalte durch provokante Themensetzungen, durch Publikationen und medienwirksame Auftritte in bürgerlich-demokratische Teile der Gesellschaft. Feindbild ist die sogenannte "Lügenpresse".

Zum Thema "Medien und Rechtsextremismus" diskutierten in Karlsruhe am 20. Oktober aus dem ganzen Bundesgebiet angereiste Journalisten und Wissenschaftler. Vor Ort bei der ganztägigen Veranstaltung waren unter anderem Georg Restle, Redaktionsleiter Monitor (ARD), Barbara Junge (Chefredakteurin taz) und Hans-Gerd Jaschke (Professor em. für Politikwissenschaften). Zugegen aus Baden-Württemberg war Susanne Stiefel, ehemalige Chefredakteurin der Stuttgarter KONTEXT-Wochenzeitung. Veranstaltet wurde die Tagung von der 2020/21 vom Land Baden-Württemberg eingerichteten Dokumentationsstelle Rechtsextremismus (DokRex) im Generallandesarchiv Karlsruhe. Zur Seite als Kooperationspartner stand das Wissensnetzwerk Rechtsextremismusforschung (wi-rex).

"Eine offene Gesellschaft braucht kritische, unabhängige Medien; sie sind nicht etwa das ‚Sahnehäubchen‘ unserer parlamentarischen Demokratie, sondern ein unverzichtbares Element unserer Gesellschaftsordnung", führte Prof. Dr. Gerald Maier, Präsident des Landesarchivs Baden-Württemberg, bei seiner Begrüßungsrede aus.

Die Referenten und Referentinnen riefen auf der ganztägigen Veranstaltung wiederholt in Erinnerung, dass bereits im Nationalsozialismus deren Propagandisten das Schlagwort "Lügenpresse" im Rahmen ihrer antisemitischen Verschwörungstheorie nutzten. Bedrückend ist, dass heute fast jeden Tag Straftaten in extrem rechten Zusammenhängen gegen Journalisten und Journalistinnen und Medienschaffende verübt werden.

Im voll besetzten Sitzungssaal waren sich die Diskussionsteilnehmenden einig, dass in den vergangenen zwölf Monaten ein "Paradigmenwechsel" eingetreten sei. So sei die Einstufung als "Rechtsextremist" durch den Verfassungsschutz kein Stigma mehr. War die Skandalisierung der Republikaner (REP) in den 1980er-Jahren durchaus erfolgreich, prallen heute entsprechende Versuche an rechtsextrem charakterisierten Politikern und Politikerinnen weitgehend ab. Erstmals sichtbar geworden sei dies durch die Reichsbürger-Razzia Ende vergangenen Jahres. Ein rechtsextremer Umsturzversuch, der von einer im Bundestag vertretenen Partei gar als "Rollator-Putsch" verniedlicht und verharmlost wurde. "Entlarven", "aufrütteln" und "betroffen machen" genüge heute nicht mehr, so ein Fazit der Veranstaltung. Nicht nur Medien und Wissenschaft, sondern wir alle, seien deshalb heute gefordert, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu verteidigen, uns gegen ausgrenzende und diffamierende autoritäre Tendenzen zur Wehr zu setzen und laut nein zu sagen, wenn die Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes für bestimmte Bevölkerungsgruppen infrage gestellt wird. Mit Demokratiefeinden darf es keine Zusammenarbeit geben. Medien und Wissenschaft müssen den Wählerinnen und Wählern klarmachen, dass sie mit ihrer Stimme für eine extrem rechte Partei auch ihre eigene Freiheit aufs Spiel setzen, appellierte eine abschließende Podiumsrunde im Vortragssaal des Generallandesarchivs Karlsruhe.

Einig waren sich die Teilnehmenden, dass Medienschaffende, Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen Hand in Hand bei der Aufklärung und Bekämpfung von Feinden der offenen und liberalen Gesellschaft vorgehen müssen. Hier sei mit der Tagung "Medien und Rechtsextremismus" durch die Dokumentationsstelle Rechtsextremismus ein vielversprechender erster Anlauf genommen worden.

Über die Tagung wird ausführlich im vierteljährlich erscheinenden Journal RECHTS.GESCHEHEN (Nummer neun), dem Markenzeichen der DokRex, berichtet werden.

In Planung ist ein Dokumentationsband, der 2024 erscheinen wird.