Nachrichten
31.01.2024

Staatssekretär Benjamin Strasser besucht Dokumentationsstelle Rechtsextremismus im Generallandesarchiv Karlsruhe

Von links nach rechts vor einem Regal stehend Dr. Rolf Frankenberger, Dr. Martin Stingl, Benjamin Strasser, Prof. Dr. Wolfgang Zimmermann und Reiner Baur.
Besuch bei der DokRex (von links nach rechts): Dr. Rolf Frankenberger, Dr. Martin Stingl, Benjamin Strasser, Prof. Dr. Wolfgang Zimmermann und Reiner Baur.

Beim Besuch der Dokumentationsstelle Rechtsextremismus (DokRex) im Generallandesarchiv Karlsruhe informierte sich Benjamin Strasser, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz, über aktuelle Entwicklungen des Rechtsextremismus in Deutschland. Strasser war zwischen 2014 und 2016 parlamentarischer Berater im ersten Landtags-Untersuchungsausschuss zum rechtsextremen NSU-Terror, dessen Ergebnis unter anderem die 2020 geschaffene Dokumentationsstelle Rechtsextremismus im Generallandesarchiv Karlsruhe ist. Sie leistet Grundlagenarbeit für die Erforschung des Rechtsextremismus in allen seinen Facetten und bringt ihre Kompetenzen aktiv in den breiten Diskurs von Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik ein. Kernaufgabe ist, Geschehen rund um den Rechtsextremismus zu dokumentieren und zu archivieren. Im vierteljährlich erscheinenden Journal RECHTS.GESCHEHEN werden aktuelle Themen, historisch prägende Ereignisse und die Ergebnisse der systematischen Auswertung der Aktivitäten vom rechten Rand bis zu rechtsextremen Netzwerken veröffentlicht. Durch Veranstaltungen und Tagungen wird zudem eine breite Öffentlichkeit erreicht.
Als Informationsdienstleister werden entsprechende Materialien im Generallandesarchiv Karlsruhe der Forschung zur Verfügung gestellt.
Herzstück der DokRex ist das Archiv des Journalisten Anton Maegerle, der seit den 1980er Jahren zum Thema Rechtsextremismus arbeitet. Maegerle schenkte dem Generallandesarchiv Karlsruhe ca. 2.500 Aktenordner, eine Vielzahl von Publikationen und Zeitschriften sowie eine umfangreiche digitale Dokumentation. Die Sammlung gilt als größte ihrer Art in Deutschland und wird von der Dokrex erschlossen. Gleichzeitig führt sie die Recherchetätigkeit des Journalisten fort.

Bei dem intensiven Austausch wurde über Wahlergebnisse von rechtspopulistischen Parteien, die Spaltung der Gesellschaft, eine aufgeheizte Stimmung und Hasstiraden im Netz diskutiert. Strasser, als ehemaliger Obmann der FDP-Fraktion im Innenausschuss für alle Themen der Inneren Sicherheit zuständig, setzt sich seit jeher vehement und konsequent für den Kampf gegen Rechtsextremismus ein.

"Wer Rechtsextremismus bekämpfen möchte", so Strasser, "muss proaktiv dagegen vorgehen. Während Sicherheitsbehörden stets nur repressiv agieren können, ist es Aufgabe aller Bürgerinnen und Bürger, sich klar gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu positionieren. Wir alle sind verpflichtet, sich eine kritische, begründete Meinung zu bilden und klar Stellung zu beziehen, wo demokratische Grundwerte in Frage gestellt oder Würde und Schutz von Minderheiten tangiert werden – sei es am Stammtisch, bei der Familienfeier oder in der Schule. Man darf den Diskurs mit Menschen nicht scheuen, die rechtsextremistisches Gedankengut verbreiten. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit muss benannt und kritisiert, auf eine diskriminierende Wortwahl hingewiesen werden. Es liegt zu großen Teilen in der Verantwortung der bürgerlichen Mitte, dass die rechtsextremistischen Denkmuster eben nicht mehrheitsfähig werden. Es muss eine klare rote Linie gezogen werden." Zur Verbreitung von rechtsextremem Gedankengut trügen auch Vereine bei.
Die Tatsache, dass diese in manchen Fällen von Finanzämtern als gemeinnützig anerkannt seien, sei nicht hinnehmbar, betonte Strasser.
Der Staat habe die nötigen Instrumente, um das zu unterbinden. Er erwarte, dass die jeweiligen Finanzämter entsprechend zugreifen.

Der Ravensburger FDP-Bundestagsabgeordnete Strasser würdigte auch die Arbeit des DokRex. "Sie tragen mit Ihrer Arbeit dazu bei, dass ein Scheinwerferlicht in eine dunkle Ecke unserer Gesellschaft geworfen wird. Damit ermöglichen Sie ein aktives Hinschauen und Reagieren." Er sicherte im Gespräch mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der DokRex zu, auch weiterhin alles zu tun, um offenen Fragen im Zusammenhang mit dem NSU-Komplex, insbesondere der Ermordung der Polizistin Michèle Kiesewetter 2007 in Heilbronn durch die Rechtsterroristen des NSU nachzugehen. Der Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition enthalte dazu konkrete Ansätze, die man innerhalb der Bundesregierung vertiefter berate.

Prof. Dr. Wolfgang Zimmermann, Leiter der DokRex, gab einen Überblick über die vielgestaltige rechtsextreme Presselandschaft. Er wies darauf hin, dass auch verfassungsfeindliche Lektüre offen im Handel und an Bahnhofskiosken erhältlich sei. Über den Aufbau des mit der DokRex kooperierenden Instituts für Rechtsextremismusforschung (IRex) der Universität Tübingen informierten abschließend deren Geschäftsführer Reiner Baur und Dr. Rolf Frankenberger. Das Institut erforscht den Rechtsextremismus und seine gesellschaftlichen Einbettungen. Die Forschungsergebnisse sollen dazu beitragen, unsere Demokratie in Staat und Zivilgesellschaft zu stärken. Das IRex kooperiert mit Organisationen und Personen aus Wissenschaft, Staat und Gesellschaft in allen Phasen von Forschung und Vermittlung.