„Fahrbare Werkstatt“ soll Kulturgüter retten. Landesarchiv und Landesbibliothek schaffen einen Notfallcontainer an
Unwetter, Brände und andere Katastrophen bedrohen zunehmend auch Kulturschätze. Ein mobiler Notfallcontainer soll sicherstellen, dass im Katastrophenfall wertvolle Güter gerettet werden können. Die Württembergische Landesbibliothek, das Landesarchiv Baden-Württemberg und der Landkreis Ludwigsburg haben am 19. Dezember in Ludwigsburg die erste fahrbare Werkstatt in Baden-Württemberg vorgestellt.
Trotz besonderer Vorkehrungen sind Archive, Bibliotheken, Museen und andere Kultureinrichtungen nicht gegen Katastrophen gefeit – erst im Juli drang Wasser in ein Magazin der Zentral- und Landesbibliothek Berlin ein und beschädigte einen Teil der Sammlung von Büchern, Zeitschriften und Schallplatten. Um wertvolle, oft einmalige Objekte vor dem Verfall zu retten, muss schnell gehandelt werden. Bei der Erstversorgung solcher Kulturschätze soll der neue Notfallcontainer helfen, den die Württembergische Landesbibliothek, das Institut für Erhaltung von Archiv- und Bibliotheksgut des Landesarchivs Baden-Württemberg und die Feuerwehr des Landkreises Ludwigsburg beschafft haben. Damit verfügt Baden-Württemberg als zweites Bundesland über eine solche mobile Werkstatt. Darin können nach einer Havarie Bücher, Archivalien, Kunstwerke und mehr schnell erfasst, gereinigt und sicher verpackt werden – die Voraussetzung für eine erfolgreiche Restaurierung zu einem späteren Zeitpunkt.
„Mit dem Notfallcontainer erhalten die fünf Notfallverbünde der Kultureinrichtungen in Baden-Württemberg eine leistungsstarke Infrastruktur für die Bergung wertvollen Kulturguts. So nachdenklich es stimmt, dass hierfür in großem Umfang private Mittel eingesetzt werden mussten, so dankbar ist die Württembergische Landesbibliothek dem langjährigen Mitglied ihres Fördervereins Robert Matzek, ohne dessen Vermächtnis diese Beschaffung nicht möglich gewesen wäre“, sagt Dr. Rupert Schaab, Direktor der Württembergischen Landesbibliothek. Die Württembergische Bibliotheksgesellschaft übernimmt den Großteil der Summe, die mit Mitteln aus einer Erbschaft von Robert Matzek bestritten wird. Die weiteren Kosten werden vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) in Berlin und dem Landesarchiv Baden-Württemberg übernommen. Die Kosten für die Anschaffung des Containers betragen rund 250.00 Euro.
Das Team des Instituts für Erhaltung von Archiv- und Bibliotheksgut, eine Einrichtung des Landesarchivs Baden-Württemberg, wird die Einsatzfähigkeit der mobilen Werkstatt sicherstellen, die mit Wasser, Strom, Werkzeugen Reinigungsgeräten, Verpackungsmaterial und anderen notwendigen Dingen inklusive Schutzkleidung ausgestattet ist. „Unsere Kolleginnen und Kollegen verfügen über umfassendes Fachwissen zur Sicherung und zum Schutz von Kulturschätzen aller Art. Damit können sie im Notfall verhindern helfen, dass gefährdete Objekte unwiederbringlich verloren gehen“, sagt Carmen Kschonsek, Stellvertretende Präsidentin des Landesarchivs Baden-Württemberg.
Der Container wird zunächst in Ludwigsburg untergebracht und kann bei Bedarf über die Feuerwehr-Notrufnummer 112 angefordert werden. Die Feuerwehr bringt den Abrollbehälter dann sofort an den Einsatzort und kümmert sich um die Wasser- und Stromversorgung. „Der Abrollcontainer Kulturgutschutz ist eine wertvolle Ergänzung für unseren Katastrophenschutz. Dieses innovative, mobile System ermöglicht eine schnelle und effiziente Erstversorgung von Kulturgütern im Katastrophenfall – nicht nur für unsere Region, sondern für ganz Baden-Württemberg und darüber hinaus. Es ist ein wichtiges und wirksames Instrument, um unser reiches kulturelles Erbe angesichts zunehmender Extremwetterereignisse zu bewahren“, so Dietmar Allgaier, Landrat des Landkreises Ludwigsburg. Mitarbeiter des Instituts für Erhaltung von Archiv und Bibliotheksgut und der Württembergischen Landesbibliothek übernehmen die fachliche Anleitung bei den Arbeiten im Container. Die Arbeitsstationen werden von eigens geschultem Personal der Kulturinstitutionen besetzt. In den nächsten Monaten werden entsprechende Fortbildungen stattfinden.
Kunststaatssekretär Arne Braun sagt: „Was passiert eigentlich mit Kulturgut und Kunstwerken bei Hochwasser oder anderen Katastrophen, dann, wenn zielgerichtet geholfen und schnell gerettet werden muss? Oft sind unersetzbare Werte in Gefahr, für immer verloren zu gehen. Und dafür brauchen wir praktische Hilfe, wie sie der jetzt von uns mitfinanzierte Notfallcontainer gewährleistet. Die Landesregierung weiß um ihre Verantwortung für das großartige kulturelle Erbe des Landes. Dazu leisten die Notfallverbünde im Land die notwendige logistische Unterstützung. Wir als Ministerium unterstützen dieses beispielhafte Vorhaben sehr gerne, und ermöglichen den Notfallcontainer – übrigens erst der zweite dieser Art in Deutschland.“ Auch Dr. Ursula Hartwieg, Leiterin der Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) an der Staatsbibliothek zu Berlin, unterstützt die Initiative in Baden-Württemberg: „Naturkatastrophen bedrohen nicht nur Menschen und Infrastruktur, sondern auch unser schriftliches Kulturgut. Darum braucht es konkrete, präventive Schutzmaßnahmen. Der Container ist ein wichtiger Baustein der koordinierten Notfallvorsorge in Baden-Württemberg und darüber hinaus. Er zeigt exemplarisch, wie Bund, Länder und Einrichtungen den Kulturgutschutz gemeinsam gestalten.“