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24.09.2024

Denunziation-Repression-Verfolgung: wie arbeitet ein Unrechtsregime

Schülerakademie Karlsruhe; Projekt NS-Unrecht; Ministerin Theresia Schopper; 600x700px
Schulübergreifender Seminarkurs der drei Karlsruher Gymnasien, Bismarck-, Gothe- und Helmholtz-Gymnasium, mit den PädagogInnen Dr. Tobias Markowitsch, Marion Bodemann und Hendrik Hiss sowie SchülerInnen und Kultusministerin Theresa Schopper

Kultusministerin Theresa Schopper: "Das ist historisch-politische Demokratiebildung, wie man sie nicht besser machen kann." Generallandesarchiv und Schülerakademie Karlsruhe stellen neues Pädagogikprojekt zur Willkür des NS-Regimes vor.


Das neue Projekt der Schülerakademie und des Generallandesarchivs Karlsruhe "Denunziation – Repression – Verfolgung. Politischer Dissens und Alltagskriminalität vor den NS-Sondergerichten 1933-1945" soll Schülerinnen und Schüler dazu befähigen, aus der Arbeit mit historischen Quellen den Unrechtscharakter der NS-Diktatur zu erkennen. Sie sollen dadurch Fake-News und Hassbotschaften in der aktuellen politischen Debatte identifizieren und so für die Werte Rechtsstaatlichkeit und Demokratie eintreten. Die Bundesstiftung "Erinnerung – Verantwortung – Zukunft" fördert das auf zwei Jahre angelegte Projekt mit 570.000 Euro.

Die politische Kultur in Deutschland ist im Umbruch. Bei den letzten Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen haben junge Wählerinnen und Wähler in großer Zahl ihre Stimme rechtsextremen und populistischen Parteien gegeben. Rechtspopulismus und Fake-News haben Konjunktur. Hier setzt das neue pädagogische Projekt von Generallandesarchiv Karlsruhe und Schülerakademie Karlsruhe e.V. an. "Die Schülerinnen und Schüler untersuchen Schicksale von Menschen wie Du und ich: Der Verkäuferin um die Ecke, dem Lehrer, den Nachbarn", sagt Kultusministerin Theresa Schopper, die sich vor Ort in Karlsruhe über das Projekt informiert hat und dabei richtig begeistert vom Engagement aller Beteiligten war. "Aus all diesen Schicksalen wird deutlich: Das erste Land, das die Nationalsozialisten besetzt haben, war Deutschland. Damit dieses schreckliche Unrecht, das diesen Menschen widerfahren ist, nicht vergessen wird, lernen die Schülerinnen und Schüler, wie wichtig Rechtsstaatlichkeit und unabhängige Gerichte sind – sie sind Grundlage unserer Demokratie, unserer Werte und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung." Schopper unterstreicht: "Das Projekt der Schülerakademie und des Generallandesarchivs Karlsruhe ist somit historisch-politische Demokratiebildung, wie man sie nicht besser machen kann."

Pädagogische Tools und wissenschaftliche Aufarbeitung
Auf der Grundlage der Akten des nationalsozialistischen "Sondergerichts Mannheim" sollen sich Schüler und Schülerinnen mit den Mechanismen von Denunziation, Repression und Verfolgung durch den NS-Staat auseinandersetzen. Mehr als 12.000 Akten bieten Einblicke in den Alltag dieses Unrechtsregimes. Die Gerichtsverfahren betrafen Menschen aus dem unmittelbaren regionalen Lebensumfeld der Jugendlichen. So wird deutlich: das NS-Regime hat auch seine tiefen Spuren in der eigenen Heimat hinterlassen. Die Schülerinnen und Schüler erhalten für ihre Arbeit eine Palette von pädagogischen und historischen Handreichungen. Ein Historiker und eine Historikerin des Projektteams klären vorab grundsätzliche Fragen: Wie arbeitete ein Sondergericht? Wie sieht es mit der "Wahrheit" der vorgebrachten Beschuldigungen aus? Worauf ist bei der Interpretation besonders zu achten? Dabei wird ein repräsentatives Sample von Einzelfällen. Lesehilfen und Kommentierungen erleichtern das Verständnis. Best-practice-Beispiele zeigen Möglichkeiten der Bearbeitung auf. Das gesamte Angebot wird über die Internetplattform leo-bw.de des Landesarchivs Baden-Württemberg frei zugänglich sein. "Mit dem neuen Kooperationsprojekt schaffen wir für die Schüler und Schülerinnen ein innovatives und niederschwelliges Angebot. Der außerschulische Lernort "Archiv" wird neu erfahrbar", betont Wolfgang Zimmermann, der Leiter des Generallandesarchivs Karlsruhe.