Virtuelle Ausstellung des Hauptstaatsarchivs Stuttgart
Siegel - mittelalterliche Kleinodien
Mehrseitiger Artikel
Kapitel 4: Städte
Weit verbreitet war das redende Wappenbild, das den Ortsnamen bildlich veranschaulicht. Aalen führte einen Aal als Siegelfigur, weil der Stadtname von diesem Tier abgeleitet wurde. In der Früh- zeit des Stadtsiegels war der Stadtheilige ein beliebtes Motiv. Gerne wurde im Siegel auf den Stadtcharakter verwiesen, indem charakteristische Stadtbauten wie die Stadtmauer oder ein Turm gezeigt wurden. Die in den Siegeln verwendeten Motive sind oft auch heute noch Symbole der betreffenden Stadt.
Seit 1442 war Württemberg in einen Uracher und in einen Stuttgarter Landesteil gespalten. In dem Vertrag einigten sich Eberhard V. und dessen Vetter Eberhard VI. auf die Unteilbarkeit des Landes und auf die Nachfolge Eberhards V. nach dem Tod seines kinderlosen Stuttgarter Vetters. Außer den beiden Grafen siegelten neun Städte: Stuttgart, Tübingen, Urach, Mömpelgard, Nürtingen, Kirchheim, Markgröningen, Schorndorf und Rosenfeld. Damit übernahmen die Städte eine wichtige Funktion für das Schicksal der Grafschaften: sie sind Garant der Einheit. Hierin zeigt sich das politische Gewicht der Städte im Spätmittelalter. – Eine Urkunde mit vielen Siegeln wie diese – der Tübinger Vertrag hat 9 Siegel – nennt man Igel.
Maria mit Kind sitzt auf einem Stuhl, darüber ein Dreipass. In ihrer Rechten hält sie einen Zepter, ein Herrschaftssymbol, ihre Füße ruhen auf einer nach oben hin offenen Mondsichel. Ihr Haupt ist mit einem Heiligenschein versehen. Der junge Christus hält eine Kugel als Symbol der Weltherrschaft in der linken Hand.
Über dem Dreipass und seitlich der Säulen befinden sich ein Vierungs- und zwei runde Türme einer Kirche, rechts und links davon sieht man Teile der Stadtmauer und -befestigung. Die Darstellung dieser Architekturen ist wohl nicht realistisch, sondern das Siegel führt abstrahiert Elemente einer Stadt an. Im Vordergrund steht die Stadtheilige bzw. die Heilige der Straßburger Bischofskirche, die Gottesmutter. Ihr wurde im Mittelalter – wie allen Heiligen – eine Schutzfunktion für die Stadt zugewiesen.
Das Straßburger Stadtsiegel vereinigt zwei typische Elemente der frühen Stadtsiegel: die Aufnahme von typischen Elementen der Stadtarchitektur (Türme, Kirchen und Stadtmauer) und die Darstellung des Stadtheiligen. Die Darstellung auf diesem Siegel ist sehr fein und zeigt viele Details: die Strukturen der Mauern und Türme, des Stuhles und Faltenwürfe des Kleides z.B. sind bis ins Kleinste herausgearbeitet.