VI. "Sehr gute Befähigung"
Als Jurist hatte Ludwig Marum für ein SPD-Mitglied einen eher unkonventionellen Beruf, denn zu seiner Zeit bestand ein Großteil der Parteigenossen aus Arbeitern und kleinen Handwerkern. Nur wenige Akademiker traten den Sozialdemokraten bei.
Für das Jurastudium hatte er sich entschieden, weil er sich zum einen schon früh für Gesellschaft und Politik interessierte und er zum anderen - als ältester Sohn der Familie - einen bodenständigen und gut situierten Beruf ergreifen konnte.
Er begann sein Studium 1900 an der juristische Fakultät in Heidelberg und erlernte unter dem liberal eingestellten Professor Karl von Lilienthal, der für einen humanere Strafvollzug eintrat, eine moderne Form des Strafrechtes. Während seines Studiums wechselte Marum für ein Jahr an die Münchner Universität. In München, das als oppositionelles Zentrum gegen den Wilhelminismus galt, wurde sein politisches Interesse verstärkt. Nach acht Semestern legte er in Heidelberg 1904 seine erste juristische Staatsprüfung ab. Da er einen schnellen Berufseinstieg anstrebte, um finanziell unabhängig zu werden, verzichtete er auf eine Promotion.
Nach der Universität absolvierte Marum seine Referendarszeit an verschiedenen staatlichen Dienststellen. Jedoch scheint es ihm schwer gefallen zu sein, sich in die behördlichen Hierarchien einzufügen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe bescheinigte ihm trotz einiger anfänglichen Nachlässigkeiten im Januar 1908 eine "sehr gute Befähigung im öffentlichen Dienst".
Mit dem zweiten Staatsexamen waren die Voraussetzungen für eine unabhängige Berufstätigkeit gegeben. Marum zog von seinem familiären Umfeld in Bruchsal nach Karlsruhe und eröffnete sogleich eine eigene Kanzlei als Rechtsanwalt mit Zulassung zum Landgericht. Es ist bekannt, dass er öfters Mandanten, die sich eigentlich einen Anwalt nicht leisten konnten, vor Gericht kostenlos vertrat.
Die Kanzlei führte er gemeinschaftlich mit zwei jüdischen Partnern, trotz seines intensiven politischen Engagements bis zu seiner Verhaftung 1933.