X. "Wir verlangen eine Neuordnung"
Als Ludwig Marum 1914 Mitglied des Badischen Landtags wurde, war er mit knapp 32 Jahren nicht nur einer der beiden jüngsten Abgeordneten, sondern darüber hinaus der einzige Akademiker in der SPD. Politische Begabung und soziales Engagement führten ihn bald in die verschiedensten Positionen und Aufgaben: 1915 wurde er Mitglied des Haushaltsausschusses und noch im selben Jahr wurde er zum Vorsitzenden der Kommission für Justiz und Verwaltung gewählt. Marum galt als Experte für Verfassungsfragen und es gelang ihm schon früh, Einfluss auf Entscheidungen in der Fraktionsführung zu nehmen.
Sein Augenmerk galt der Einleitung und Durchführung innenpolitischer Reformen; die Sozialdemokratie auf dem Weg in die Regierungsverantwortung zu unterstützen und dabei Demokratisierungsmaßnahmen einzuleiten und mitzutragen, waren zentrale politische Ziele Ludwig Marums.
Im Kriegsjahr 1917 gehörten zu den politischen Forderungen seiner Partei eine Veränderung in der Zusammensetzung der Ersten Kammer bzw. deren gänzliche Abschaffung, die Einführung des gerechteren Verhältniswahlrechts und nicht zuletzt die Beseitigung des Drei-Klassen-Wahlrechts auf kommunaler Ebene. Insbesondere dem Widerstand des Zentrums, das um seine Dominanz in den ländlichen Wahlkreisen fürchtete, war es zu verdanken, dass eine Einführung des Verhältniswahlrechts nachhaltig verzögert wurde. Selbst die grundsätzliche Anerkennung der Sozialdemokratie als gleichberechtigte politische Kraft musste gegen Zurücksetzungen, Ignoranz und Desintegrationsversuche der etablierten Parteien verteidigt werden. Generell waren es kräftezehrende und nervenaufreibende Kämpfe, die sich - rückblickend - an unbedeutenden Einzelheiten entzündeten, wie z.B. der Frage ob Waldeigentümer wilde Beeren auf ihrem eigenen Grund und Boden pflücken dürften oder nicht.
Ludwig Marum, der bis 1918 zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden aufgerückt war, stieß mit Zielstrebigkeit und Optimismus immer wieder grundlegende Fragen wie die Reformierung der Verfassung an.