VIII. "Reform statt Klassenkampf"
Nach Abschluss seines Studiums 1904 trat Marum in die SPD ein, obwohl er mit Nachteilen rechnen musste. Er tat diesen Schritt aus der Erfahrung des Antisemitismus und der Diskriminierung der jüdischen Minderheit heraus. Für Juden war die SPD interessant, weil sie sich offen gegen den Antisemitismus stellte und auch jüdische Kandidaten bei Wahlen aufstellte.
Nach Beendigung seiner Referendarzeit zog er 1909 von Bruchsal nach Karlsruhe und begann sofort, sich aktiv in der Karlsruher SPD zu engagieren. Marum profilierte sich früh als Verfassungsexperte seiner Partei, der den Arbeitern die Mängel der geltenden Verfassung in öffentlichen Vorträgen erläuterte und die Einführung einer parlamentarischen Demokratie für Baden und für das Reich forderte.
Als er 1904 in die Partei eingetreten war, befand diese sich in einem Umbruch. In diesem Jahr war das allgemeine, direkte Wahlrecht in Baden eingeführt worden. So wuchs die Chance auf Mandate für die Arbeiterpartei deutlich.
Im Richtungsstreit der SPD zwischen Klassenkampf und Reformpolitik bezog Marum eindeutig Stellung: Während die Parteileitung und ein Großteil der Reichstagsfraktion am Klassenkampfkonzept festhalten - und damit in der Opposition bleiben wollte - setzte sich Marum für eine Wandlung zu einer demokratisch-sozialen Reformpartei ein. Unter den badischen Parteiführern Wilhelm Kolb und Ludwig Frank, die Ludwig Marum als seine Vorbilder ansah, war die badische SPD bereit, mit anderen Parteien im Landtag an Reformen mitzuarbeiten - was ihr massive Kritik von der Parteileitung einbrachte. Ludwig Marum stand seit Beginn seiner Tätigkeit in der SPD auf dieser reformistischen Seite und wurde aufgrund seiner Fähigkeiten fast zwangsläufig Nachfolger Kolbs.