Ein Stiefvater mordet aus Habgier
Der Seifensieder Gottfried Michael Schneider hat in Untergröningen keinen guten Ruf. Als hartherzig ist er bekannt, besonders intelligent soll er zudem nicht sein. Doch Sofie Frey lässt sich vom Gerede der Untergröninger nicht abschrecken. Sie lernt den Seifensieder kennen und lieben.
Sofie Frey lebt allerdings nicht allein. Sofie ist alleinerziehend, lebt mit ihrem dreijährigen Kind Johann unter einem Dach. Und Gottfried Michael Schneider gelingt es nicht, ein vertrauensvolles Verhältnis zu dem jungen Spross aufzubauen. Allerdings bemüht er sich darum auch nicht sonderlich, so dass das Pfarramt frühzeitig von einer Heirat der beiden abrät. Man befürchtet, Schneider würde mit seinem Stiefkind nicht herzlich genug umgehen.
Doch Sofie Frey schlägt alle Warnungen in den Wind. Sie will den Seifensieder heiraten. Selbst bei der Hochzeitspredigt kann sich der Pfarrer nicht zurückhalten und macht den Bräutigam auf seine Pflichten aufmerksam. "Die Hochzeitspredigt, die beinahe ausschließlich diesen Gegenstand abgehandelt, von dem Standpunkte der Religion aus, seine Verpflichtungen gegen sein Stiefkind eindringlich ans Herz gelegt..." wird man später notieren. Tatsächlich bestätigen sich die Befürchtungen des Pfarrers. Gottfried Michael Schneider behandelt das Stiefkind unfreundlich. Immer wieder versucht man, Frieden zu stiften - es gelingt den Geistlichen aber nicht.
Einen Grund für das Verhalten des Stiefvaters hat man schnell ausgemacht: Stolze 100 Gulden besitzt der kleine Johann. Ein persönliches Vermögen, vermacht vom leiblichen Vater. Zu gerne wäre der Stiefvater in den Besitz des Geldes gekommen. So nah und doch so fern ist ihm dieses Vermögen, das dem Seifensieder das Leben zumindest kurzfristig versüßt hätte.
Am 19. März 1840 stirbt der Dreijährige überraschend. Ganz Untergröningen ist geschockt von der Nachricht - und natürlich fällt der Verdacht auf den Stiefvater. Die Ermittlungen laufen an und man stellt fest: Der Seifensieder hat kurz zuvor Vitriolgift gekauft. Er brauche dies zum Seifenherstellen, ließ er den Apotheker wissen.
Doch die Ermittler glauben Gottfried Michael Schneider kein Wort. Anzeige wird erstattet und die Leiche des Kindes wieder aus dem Grab gehoben. Die Mediziner bestätigen den Verdacht: Johann wurde vergiftet. Verätzungen an Mund und Rachen entdeckten die Mediziner, auch der "aufgeblähte Unterleib" spreche für eine Vergiftungen, lassen sie in ihrem Gutachten wissen. Auch in der Wohnung der Schneiders findet man Verätzungen. Vor allem an den Tüchern, mit denen Sofie noch Erbrochenes ihres Kindes aufgewischt hatte. Für alle steht fest: Gottfried Michael Schneider ist der Mörder. Als er am 28. März von einem Markt, auf dem er seine Seifen angeboten hatte, nach Untergröningen zurück kommt, wird er verhaftet.
Doch der Stiefvater leugnet die Tat vehement. Erst einen Monat später ringen die Ermittler dem 24-Jährigen ein Geständnis ab. Ja, er habe seinem Stiefkind am 15. März "wissentlich und mit mörderischer Absicht" ein Kölbchen Vitriolöl eingeflößt. Sofie Frey sei nichts Besonderes aufgefallen. Sie habe lediglich ein "Riefle" - eine verkrustete Wunde - am Kinn von Johann entdeckt und sich über die weißen Lippen gewundert. Die Mutter habe jedoch Mundfäule diagnostiziert, damals keine außergewöhnliche Krankheit. In den folgenden Tagen habe sich der Zustand des Kindes verschlechtert. Es habe ständig über Schmerzen im Mund und Durchfall geklagt, später seien "die Gichter" - also die Krämpfe - gekommen. Schließlich sei Johann gestorben.
Das Urteil ist hart: Gottfried Michael Schneider wird am 23. März 1841 in Gaildorf hingerichtet: "Dabei ist zu bemerken, dass zwar das Haupt des Delinquenten auf den geführten Hieb des Scharfrichters nicht vollkommen abgelöst war, dass jedoch derselbe so vollkommen vom Rumpfe abgetrennt war, dass er mit diesem nur noch durch die vordere Haut zusammenhing und durch einen leichten Schnitt mit dem Schwert vollends abgelöst werden konnte, so dass die Hinrichtung als vollkommen gelungen prädiciert werden kann."
Der Artikel wurde am 17. September 2005 in der Ludwigsburger Kreiszeitung veröffentlicht. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der LKZ.
Akteneinsicht
Die Akte kann im Staatsarchiv Ludwigsburg unter der Signatur E 332 Bü 38 bestellt und eingesehen werden. Der Lesesaal ist unter der Telefonnummer 07141/18-6337 erreichbar.