Spektakuläre Mordfälle und ihre Dokumentation im Staatsarchiv Ludwigsburg

Mordakte Ludwigsburg

Mehrseitiger Artikel

Nur unter der Folter kam die Wahrheit ans Licht

Auszug aus dem Protokoll
Das Verhör von Hans Hofmann von Labetshausen und seinen Kumpanen zog sich einst über eine längere Zeit hin. Denn die Wahrheit hielten die Mörder oft versteckt. Erst "in tortura", also unter Folter - so verrät das Protokoll - gestehen sie die schlimmsten Taten.
Foto: Alfred Drossel, LKZ


Die Bürger der Residenzstadt Mergentheim und der umliegenden Orte sind vorsichtig geworden. Nach Sonnenuntergang verlassen sie nur ungern ihr Haus. Denn grausige Taten ereignen sich um das Jahr 1574 im Gebiet des Deutschen Ordens um dessen Residenzstadt Mergentheim. Nur selten wird darüber gesprochen. Aber man tuschelt in Mergentheim. Denn eines Morgens fehlt auf dem einen Hof ein Huhn. Tage später macht eine schreckliche Nachricht die Runde: Es gibt wieder einen Toten.

Wer versetzt eine ganze Stadt in Angst? Ist es gar einer von uns? Fragen, die sich die Bürger der Residenzstadt immer wieder stellen.

Aber es ist kein einzelner Täter, der Mergentheim und die nähere Umgebung in Angst und Schrecken versetzt. Es ist eine ganze Gaunerbande, die mordend und stehlend unterwegs ist.

Nach und nach gehen die Gauner den Behörden des Deutschen Ordens ins Netz. Sie werden festgenommen und verhört. So fasst man auch den Anführer der Truppe, den ehemaligen Schafknecht Hans Hofmann von Labetshausen. In Gaunerkreisen ist er besser bekannt unter dem Namen "Eichelkönig". Sein eigentlicher Name soll auf diese Weise geheim gehalten werden. Zudem bezeichnete man den ehemaligen Schafknecht auch als den "Meßelhauser", da er in der heute zur Stadt Lauda-Königshofen gehörenden Ortschaft Messelhausen geboren wurde. Zwei Jahre dauert es, bis alle Mitglieder der Gaunerbande dingfest gemacht sind und verhört werden. Mit der Wahrheit rücken die Verbrecher nicht so gerne heraus. "Gütlich" plaudern sie zwar so manchen Beutezug aus, wie etwa einen Hühnerdiebstahl. Aber nur "in tortura" kommen die schrecklichsten Taten ans Licht.

Die Verhörmethoden sind alles andere als sanft. Den Gaunern werden auf dem Rücken die Hände zusammen gebunden - immer ein kleines Stück weiter hoch werden die Arme geschoben, Knochen brechen. "Die Schulterkapsel wurde gesprengt", weiß Landeshistoriker Dr. Martin Häußermann. Doch dann sprudeln die Worte.

Diese sind genauso grausam wie die Verhörmethoden. Zwei Kinderherzen wollen die Gauner verspeist haben. Diese - so erzählen sie unter Folter - hätten sie zwei noch ungeborenen Kindern entnommen, die sie zuvor zwei Frauen aus dem lebendigen Leib geschnitten hätten.

Die Gaunerbande wird zum Tode verurteilt. Allen voran ihr Anführer Hans Hofmann von Labetshausen. Doch nicht geköpft werden die Verbrecher, sondern regelrecht hingerichtet, nach "mittelalterlichem Rechtssystem", erklärt Häußermann. Arme und Beine werden den Gaunern qualvoll gebrochen. Dann ließ man die Gauner in ein übergroßes Rad einflechten - und sterben.

Der Artikel wurde am 21. Mai 2005 in der Ludwigsburger Kreiszeitung veröffentlicht. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der LKZ.

Akteneinsicht

Die Akte kann im Staatsarchiv Ludwigsburg unter der Signatur B 262 Bü 12 bestellt und eingesehen werden. Der Lesesaal ist unter der Telefonnummer 07141/18-6337 erreichbar.